Verhandlungsräume

Drei Projekte von ifau und Jesko Fezer

Ausstellung: 18. November - 9. Dezember 2006
Eröffnung: 17. November 2006

framework

Karl-Marx-Allee 96
10243 Berlin

in Kooperation mit der Architektur Galerie Berlin | Werkraum

Verhandlungsräume

Drei Projekte von ifau und Jesko Fezer

ifau und Jesko Fezer verstehen Architektur als Ort alltäglicher Handlungen und Verhandlungen. Sie entwickeln aneignungsoffene Räume, die vielfältige Interpretationen und unterschiedliche Gebrauchsmuster zulassen. Hermetische und spezialisierte Programme werden zugunsten flexibler Konfigurationsmöglichkeiten und bewusst unbestimmter Nutzungsangebote aufgeschlossen. Der Entwurf ist dabei nicht die definitive Lösung sondern wird vielmehr als ausformulierte Problemstellung begriffen. Gezielt eingebrachte Komplikationen und Überlagerungen sollen dazu herausfordern, Konflikte produktiv zu artikulieren. Die so integrierten Aneignungsformen und Alltagspraktiken konstruieren Bezüge zur urbanen Wirklichkeit, die die gesellschaftliche Relevanz und soziale Kompetenz von Architektur immer wieder thematisieren.

Architektur ist heute weitgehend das Ergebnis hochkontrollierter Setzungen. Funktionen und daraus resultierende Raumprogramme werden genau beschrieben und bemessen, Gestalt und Präsentation zielen auf Individualität und folgen primär marktstrategischen Prinzipien. Vorab fixierte Bilder sind das Fundament einer ergebnisorientierten Planungskultur, die mit den Paradigmen des Optimalen und der Exklusivität massive Defizite erzeugt. Sich indessen an Alltag und Gebrauch als Ansatzpunkte für die Produktion von Stadt und Architektur zu orientieren und ein prozesshaftes Architekturverständnis zu erforschen, könnte dazu beitragen Architektur als gemeinschaftlichen Raum neu zu erfinden, als Verhandlungsraum, der intensiv die Ansprüche und Möglichkeiten seiner Nutzung zur Diskussion stellt.

Die drei bei framework gezeigten Projekte kennzeichnet ihre Nutzung als Kulturinstitutionen und ihre Auseinandersetzung mit dem jeweiligen baulichen Bestand. Beide Parameter kommen dem Anspruch entgegen, eine Architektur zu entwerfen, die in ihrer bewusst angelegten Unbestimmtheit offen für Verhandlungen ist: Ausstellungen reflektieren, erörtern und inszenieren als kommunikative Prozesse und Räume der Auseinandersetzung gesellschaftliche Positionen. Mithin ist es ein immanenter Bestandteil des Ausstellungsbetriebs, die eigene soziale Funktion zu befragen und zu bespielende Räume ständig neu zu definieren. Die Eingangsgestaltung des KW - Institute for Contemporary Art Berlin, der Umbau des Kunstverein München sowie das Grazer Projekt Palais Thienfeld (Haus der Architektur, Grazer Kunstverein, Landesmuseum Joanneum) sind zudem jeweils Um- und Ausbauten von Gebäuden mit einer mehrere hundert Jahre alten Geschichte. Die vorgefundenen Typologien bieten einfache, tradierte Handlungsmuster und Gebrauchsstrukturen an, deren wesentliche aber offene Prägung sich einer funktionalistischen Spezialisierung der Räume wiedersetzt. Diese suboptimalen Eigenschaften werden zum Ausgangspunkt von architektonischen Bearbeitungen und Umdeutungen, die eine produktive Auseinandersetzung mit der neuen Nutzung befördern und erst die freie Aneignung durch Programme, wie sie der Kunstalltag einbringt ermöglichen.

Das Bauen für öffentliche Kulturinstitutionen eignet sich in dieser Hinsicht als Experimentierfeld zur Entwicklung einer aneignungsbezogenen Architektur. So sollen die präsentierten Arbeiten als Anlass verstanden werden über Möglichkeiten zu diskutieren, die beschriebenen Ansprüche auch auf andere Aufgabenfelder der Architektur zu übertragen. Wie kann Architektur prozessorientiert, gebrauchsoffen letztendlich sozial gestaltet werden? Welche Strategien, Typologien sind heute denkbar und umzusetzen? Neben den Projekten von ifau und Jesko Fezer werden weitere, respondierende Arbeiten aus dem Bereich der Architektur gezeigt, um den Kontext für eine inhaltliche Auseinandersetzung herzustellen, die mit eingeladenen Gästen im Ausstellungszeitraum geführt werden soll.



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